Vom Stuka-Piloten im Zweiten Weltkrieg bis zum Forward Air Controller
Mit dem militärischen Einsatz von Luftfahrzeugen vor rund 100 Jahren begann die Herausforderung, das Bodengefecht effektiv und sicher aus der Luft zu unterstützen. Schlüssel hierfür war und ist die Kommunikation zwischen den Truppen am Boden und den unterstützenden Luftfahrzeugen.
Im Ersten Weltkrieg entwickelte Verfahren, die eigene Truppe durch Einsatz von Signalmitteln wie Rauch oder Sichtzeichen zu markieren und den Piloten somit bei ihrem Angriff die Orientierung zu erleichtern, haben vom Grundsatz her bis heute Gültigkeit. Mit Entwicklung der Funktechnik konnte der Einsatz von Luftstreitkräften gezielter mit Feuer und Bewegung der Truppe abgestimmt und koordiniert werden. Im Zweiten Weltkrieg wurden Piloten der deutschen Luftwaffe als Stukaund Fliegerleitoffiziere, bei den Alliierten als Mobile Fighter Controller oder Forward Air Controller (FAC) eingesetzt.
In dieser Rolle befanden sich die Piloten entweder in vorgeschobener Position bei der Kampftruppe oder in einem Beobachtungsflugzeug über dem Gefechtsfeld. Sie forderten Luftunterstützung an, unterstützten die anfliegenden Piloten bei der Zielauffassung und beurteilten die erzielte Wirkung. Der Einsatz des FAC sowohl am Boden als auch in der Luft als so genannter FACAirborne (FAC(A)) hat sich über die Einsätze der amerikanischen Streitkräfte in Korea und Vietnam bis hin zum aktuellen Einsatz der internationalen Schutztruppe in Afghanistan bewährt und weiterentwickelt.
Ausbildung
In der Bundeswehr trägt die Luftwaffe seit Anfang der 60er Jahre die Verantwortung für die Ausbildung von Fliegerleitpersonal. Diese Ausbildung wurde bis 1997 in der Lehrabteilung Luftunterstützung in Fürstenfeldbruck durchgeführt. Seit 1997 wird die Ausbildung binational in Kooperation mit den französischen Streitkräften am Centre de Formation à L‘Appui Aerienne (CFAA) in NANCY-OCHEY sichergestellt. Maßgebliche Dokumente für die Ausbildung sind die Allied Tactical Publication – ATP 3.3.2.1 (Tactics, Techniques and Procedures for Close Air Support and Air Interdiction) und die STANAG 3797 (Minimum Qualifications for Forward Air Controllers & Laser Operators in support of Forward Air Controllers). Während die ATP 3.3.2.1 die relevanten Verfahren zur Luftnahunterstützung festlegt, bestimmt die STANAG 3797 Ausbildungsumfang und – tiefe und legt die Kriterien für die jährliche Qualifikation fest. Ähnlich wie Luftfahrzeugbesatzungen müssen die FAC eine Minimum-Anzahl an Anflugkontrollen, eine jährliche theoretische und eine praktische Überprüfung absolvieren.
Zum Nachweis führt jeder FAC eine persönliche Akte, den sogenannten 6-Part FAC Folder. Die Einhaltung der Vorgaben gemäß STANAG und ATP wird durch das NATO FAC Standardisierungsteam des HQ AC Ramstein regelmäßig überprüft. Die CFAA schloss 2010 eine Standardisierungsüberprüfung durch Headquarters Allied Air Command (HQ AAC) Ramstein mit Erfolg ab.
Der deutsche Beitrag zur CFAA besteht aus fünf Soldaten. Neben einem Luftwaffenstabsoffizier als Dienstältester Deutscher Offizier (DDO) werden seit Januar 2011 zwei weitere Offiziere als FAC Lehrer (FAC-INS) eingesetzt. Der DDO stammt zwingend aus dem fliegerischen Dienst und bringt fundiertes Fachwissen zur Luftnahunterstützung in die Ausbildung ein. Auf der französischen Seite werden die Ausbilder mit fliegerischem Hintergrund, aber auch aus verschiedensten Fachbereichen des Heeres sowie aus Spezialeinheiten gestellt. Der deutsche Anteil der Dienststelle untersteht dem Luftwaffenausbildungskommando.
Von dort erfolgt die Zuweisung von Lehrgangsplätzen in enger Abstimmung mit den Führungskommandos der Teilstreitkräfte. Die derzeitige, in englischer Sprache durchgeführte, Ausbildung zum „Certified/Qualified“ FAC umfasst sechs Wochen. In diesem Zeitraum wird jeder Lehrgangsteilnehmer (LT) gemäß dem Syllabus der Schule nach den gültigen NATO-Vorgaben ausgebildet. Die Ausbildung gliedert sich in zwei Wochen Theorie mit insgesamt 40 Unterrichtseinheiten zum Thema Luftnahunterstützung, eine Woche Verfahrenstraining im Simulator mit je vier bis fünf Durchgängen pro Teilnehmer, und daran anschließend insgesamt drei Wochen praktische Ausbildung auf einem Truppenübungsplatz. In der Grundlagenausbildung, im Basic Training Course, werden die im Simulator erlernten Verfahren das erste Mal gemeinsam mit Luftfahrzeugen angewandt. Im Rahmen der Fortgeschrittenenausbildung, des Advanced Training Course, müssen die Schüler ihr Können in zunehmend komplexeren Lagen unter Beweis stellen. In dieser sehr fordernden und anspruchsvollen Ausbildung muss jeder zukünftige FAC mehrere theoretische Prüfungen sowie ca. 20 Anflugkontrollen mit unterschiedlichen Luftfahrzeugmustern, auch unter Einsatz von Gefechtsmunition, absolvieren. Weitere Schwerpunkte stellen die Ausbildung am Laserzielbeleuchter, Nachtausbildung, Full Motion Video-unterstützte Zielansprache und die Begleitung von Marschkolonnen (Convoy-Escort) dar. Die Lehrgangsteilnehmer stammen aus allen Teilstreitkräften. Aus diesem Grund verfügt ein Großteil der Lehrgangsteilnehmer über kein fliegerisches Hintergrundwissen. Dementsprechend hat sich die Einführung einer einwöchigen Ausbildung mit einem FAC-Simulator zwischen der Theorie und Praxisphase bewährt. Die Ablöserate während den Praxislehrgängen konnte durch diese Maßnahme spürbar gesenkt werden.
An der CFAA können pro Jahr etwa 70 FAC-Anwärter die Ausbildung zum Fliegerleitoffizier durchlaufen. Frankreich stellt ca. zwei Drittel der LT, das restliche Drittel umfasst Personal aus Deutschland. Im Schnitt schließen von 70 LT etwa 55 LT die Ausbildung mit der Berechtigung „Certified and Qualified FAC“ erfolgreich ab, was einer Erfolgsquote von rund 80% entspricht. Die Zusammenarbeit zwischen dem deutschen und französischen Lehrpersonal basiert auf einem hohen Niveau an Vertrauen und Akzeptanz und profitiert vom gegenseitigen, internationalen Erfahrungsaustausch. Dadurch ist gewährleistet, dass auch zukünftig die Qualität der FACAusbildung auf einem hohen Niveau gehalten werden kann. Eine Herausforderung für die Ausbildung stellt die international zunehmende Reduzierung von Flugzeugen und Flugstunden dar. Der Unterstützung der Ausbildung mit moderner Simulatortechnik wird zukünftig ein hoher Stellenwert eingeräumt werden müssen, um die hohe Qualität der Ausbildung aufrecht zu erhalten.
Ausrüstung
Für die Auftragsdurchführung, das Führen von Luftfahrzeugen im Rahmen von Close Air Support, benötigt der FAC spezielle Ausrüstung zur Zieldatenermittlung bei Tag und Nacht, zur Zielmarkierung/-beleuchtung sowie zur sicheren Kommunikation mit übergeordneter Führung, Luftfahrzeugen und Kampftruppe am Boden. Bedingt durch die Einsatzverpflichtung ISAF sowie die rasante technische Weiterentwicklung wurde die verfügbare FAC-Ausstattung in den letzten Jahren überwiegend als so genannter Einsatzbedingter Sofortbedarf (ESB) modernisiert. Auf diese Weise konnten die FAC mit modernsten Geräten ausgestattet werden, allerdings bisher nur in geringer Stückzahl. Konsequenterweise wurden die in Deutschland verfügbaren Geräte zur Sicherstellung der Ausbildung bis auf weiteres gepoolt. Die FAC-spezifische Ausrüstung erfordert aufgrund ihrer Komplexität eine spezielle Ausbildung am Gerät. FAC und Unterstützungspersonal nehmen dazu am Grundlehrgang bzw. an regelmäßigen Übungswochen teil. Bewusst wird für diese Ausbildungsabschnitte auf eine Einbindung von Luftfahrzeugen verzichtet, damit sich das Personal vollständig auf den Umgang mit der Ausrüstung konzentrieren kann. Da im Bereich der Ausrüstung auch mittelfristig eine Diskrepanz zwischen der Anzahl der Nutzer und der verfügbaren Ausrüstung bestehen wird, sind die Übungswochen fester Bestandteil der Jahresplanung. Zielsetzung ist für alle Bediener letztendlich das Erreichen der Befähigungsstufe „Beherrschen“. Aufgrund der derzeitigen materiellen Ausstattungslage kann diese Stufe allerdings regelmäßig erst im Einsatz erreicht werden.
>> Lesen Sie den kompletten Artikel in der Ausgabe 04/2011 des Hardthöhenkuriers <<