38. Jahrgang · 8,50 € HHK Ausgabe 3/2022 ISSN 0933-3355 www.hardthoehenkurier.de Premiere auf der ILA: MBDA stellt neues Waffensystem zur Abwehr unbemannter Flugsysteme vor FÜR EIN STARKES EUROPAEINSATZBEREIT Das Luftverteidigungssystem IRIS-T SLM schützt urbane Räume, kritische Infrastrukturen und militärische Verbände. www.diehl.com/defence3 Editorial Der „Motor“ hinter dem Hardthöhenkurier, Herr KLAUS KARTEUSCH, wird sich nach vielen, sehr erfolg- reichen und arbeitsreichen Jahren langsam aus dem operativen Geschäft zurückziehen. Das ist allerdings kaum zu glauben, denn wenn man Klaus Karteusch gut kennt, weiß man, dass man ihn erst h ö r t und dann s i e h t. Das beschreibt ihn eigentlich schon sehr gut und seine unglaubliche Energie, sein Fleiß und seine Kreativität zeichnen ihn aus. Er ist ein Freund klarer Worte, zugleich aber auch eine fürsorgliche Vaterfigur. Für ihn ist „Blut immer dicker als Wasser“ und er lebt sein Leben in der bes- ten Tradition der Fallschirmjäger. Er hat den „Hardthöhenkurier“ verselbstständigt und zu einem der führenden Fachmagazine der Sicherheits- und Verteidigungspolitik mit Schwer- punkt Bundeswehr geformt. Als damalige Konkurrenten hatten wir schon immer – und haben als heutige Eigentümer jetzt erst recht – große Achtung vor ihm und seinem Team! So ganz wird er nicht aufhören können und uns dankenswerterweise für die Zukunft als Berater und Hilfe in der einen oder anderen Sache zur Verfügung stehen. Für die letzten Jahre möchte ich Herrn Karteusch sehr danken und wünsche ihm nunmehr ein wenig mehr Zeit für seine Ehefrau und seine Hobbys, z. B. dem Angeln, derzeit nur Süßwasserfische, aber vielleicht traut er sich ja bald auch mal auf ein Boot zum Hoch- seeangeln auf offener See im Norden. Klaus Karteusch hat das Kommando nunmehr an Andreas Steinmetz übergeben, der mit großem Elan und guten Ideen bereits begonnen hat. Herr Steinmetz hat große Erfahrung in der Sicher- heitspolitik und ist weit über die Grenzen internatio- nal bekannt. Mit seinem Fleiß und seiner Stringenz ist er ein Garant für die Zukunft. Ich bin mir sicher, dass unsere Kunden auch Herrn Steinmetz und das Team des Hardthöhenkurier wei- terhin so gut unterstützen werden wie bisher. Verleger Peter Tamm (v. li.) mit Klaus Karteusch und Andreas Steinmetz Auf diesem Wege möchte ich mich auch bei unseren Kunden ganz herzlich für die vergangenen Jahre bedanken! Herzlichen Dank und Grüße Peter Tamm (Verleger) ©Achim AbeleInhalt 3/2022 Inserentenverzeichnis: benntec Systemtechnik GmbH .......................Seite 35 Boeing .............................................................Seite 19 BWI GmbH ......................................................Seite 75 Deutscher BundeswehrVerband e.V. ............Seite 107 Diehl Defence GmbH & Co. KG .....................Seite U2 Dynamit Nobel Defence GmbH ......................Seite 49 EuroSpike GmbH .............................................Seite 69 General Dynamics European Land Systems-Deutschland GmbH ..................Seite 57 HIL Heeresinstandsetzungslogistik GmbH .....Seite 51 Mittler-Books ...................................................Seite 45, 109 117 Liebherr-Aerospace Lindenberg GmbH .........Seite U4 Materna Information & Communications SE .....Seite 43 MBDA Deutschland GmbH .............................Seite Cover MEN Metallwerk Elisenhütte GmbH ..............Seite 67 National Air Cargo (Deutschland) GmbH ......Seite U3 Northrop Grumman LITEF GmbH ...................Seite 17 OEM Defence Services ....................................Seite 31 OWR Odenwaldwerke Rittersbach ...............Seite 71 Rheinmetall AG ...............................................Seite 55 Secusmart GmbH .............................................Seite 83 TAURUS Systems GmbH ..................................Seite 27 VECTED GmbH .................................................Seite 53 Koehler/Mittler. .................................................Flyereinleger MdB Willsch: Zeitenwen- de am Himmel und im All Seite 14 ©Bw/Mario Bähr ©Tobias Koch Volker Thum: Die ILA 2022 – Branchenmesse im Zeichen der Zeitenwende – Seite 16 Vorschau auf die ILA Seite 12 Das Multinationale Artilleriebataillon der NRF(L) Brigade 2022-2024 – Seite 62 ©Bw/Marco Dorow 3 Editorial Gasteditorial 7 Künstliche Intelligenz: Wir müssen den Turbolader zünden! Politik 8 Der Booster ist gezündet! 9 Stimmen aus dem Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages ILA 20 MBDA auf der ILA 2022 Unser Beitrag zur Landes- und Bündnisverteidigung 21 Neues Waffensystem zur Abwehr unbemannter Flugsysteme 22 Liebherr – Fortschritt lebt vom Austausch 24 Aerodata – Die Experten für Flugvermessung, Aufklärung und Überwachung 26 MTU – Speedline für die Luftwaffe 28 HENSOLDT erhält Großauftrag für Eurofighter-Service 28 HENSOLDT investiert in neuen Standort in Süddeutschland 29 VINCORION – Nah- und Nächstbereichsschutz auf dem Prüfstand 30 TAURUS – Sicherheit. Überlebensfähigkeit. Präzision. Wirkung. 31 Rheinmetall – Laserwaffe gegen Drohnen 32 CAE-Trainingszentrum in Bremen eröffnet 34 Interview mit Niels Kröning, CAE, Vice President European Strategy Defense & Security, Healthcare, Civil 35 Langfristiger Servicevertrag steigert die Einsatzbereitschaft der NH90-Flotte Bundeswehr 36 Sich selbst ein Bild machen – Tag der Bundeswehr 2022 37 Inspekteur der Luftwaffe mit Ernst-Cramer-Medaille ausgezeichnet 38 Operativ denken, taktisch führen 40 Fliegen, wo die Flotte fährt – Marineflieger auf Zukunftskurs ©Julia Baumgart AFCEA / IT der Bundeswehr 77 Interview mit Brigadegeneral Armin Fleischmann, Vorsitzender AFCEA Bonn e.V. 78 35. AFCEA Fachausstellung mit neuen Rekorden 93 BWI – Schlüssel- technologie KI: Rennen um die digitale Souveränität Wehrtechnik 46 „Machen ist wie Wollen – nur krasser!“ Frühjahrs-Symposium des Förderkreis Deutsches Heer e.V. 50 Airbus-Standort Friedrichshafen 99 Eigene Kapazitäten für den Schwerlasttransport werden erhöht 122 Hochwertseminar für europäische Rüstungsexperten in Deutschland – 33. SERA 126 SAAB – „Vom Einsatz her denken“ – auch in der Ausbildung! IT der Bundeswehr 73 Erkennen, zulassen, fördern Ideen und Innovatoren den Weg ebnen – eine Aufgabe für Vorgesetzte 96 SZENARIS – Digitale Unterstützung: Einsatz und Nutzen von Assistenzsystemen 97 secusmart – Qualifizierte Kooperation ist der Schlüssel zum Erfolg 98 genua – Remote-Kollaboration in Echtzeit – Sichere Fernwartung in VS-NfD-Netzen 100 secunet – VS-Cloud für Defense: Eine einzigartige Cloud-Lösung für Verschlusssachen 102 Fujitsu – Interview mit Tassilo Markert-Mesters, Account Manager bei Fujitsu für die Bundeswehr & BWI 104 Digitalisierung: BWI plant Vergaben von knapp zwei Milliarden Euro an die Wirtschaft 105 BWI – Interview mit Peter Winkler, Leiter DES 106 Das Forschungsinstitut CODE der Universität der Bundeswehr München 110 ALE – „Seit dem Ukrainekrieg haben Verteidigungs- lösungen einen höheren Stellenwert“ 112 dtec.bw – Projekt SeRANIS 115 Interview mit Univ.-Prof. Dr.-Ing. Andreas Knopp 118 dtec.bw – (K)ISS Künstliche Intelligenz für die Diagnose der ISS 120 Interview mit Henrik Steude zum Projekt (K)ISS 52 Schwere mechanisierte Kräfte des Heeres – Sachstand und Perspektiven 56 Das Schweizer Taschenmesser im Brigadeformat – Mittlere Kräfte des Deutschen Heeres 60 Wettiner Heide: Aus einzelnen Fähigkeiten ein Ganzes machen 61 Nachgefragt bei… Oberst Kjetil Wee Pettersen, stellver- tretender Kommandeur der NRF-Landbrigade 2022-24 65 Die Modernisierung von Schießanlagen und Truppenübungsplätzen der Bundeswehr 70 Das ABC-Abwehrregiment 1 in Strausberg 121 Deutsch-niederländischer Workshop in Rheine entwickelt Blaupause Interview mit Martin Wibbe und Martin Kaloudis Seite 80 ©Bw/Lutz Leibelt ©Bw/Falk Bärwald ©PIZ CIR GenMaj Dr. Färber: CIR als Treiber der Digitalisierung – Seite 84 38. Jahrgang · 8,50 € HHK Ausgabe 3/2022 ISSN 0933-3355 www.hardthoehenkurier.de Premiere auf der ILA: MBDA stellt neues Waffensystem zur Abwehr unbemannter Flugsysteme vor FÜR EIN STARKES EUROPA ©MBDA News 125 TÜV Rheinland – Personenzertifizie- rung in der Erwach- senenbildung Service 99 Impressum 128 Bücher 130 Themenvorschau 4/2022 Inhalt 3/2022©Björn Trotzki K&K Medienverlag-Hardthöhe GmbH · www.hardthoehenkurier.de Verlagsdirektion Bonn · Beethovenallee 21 · 53173 Bonn Telefon: +49 (0) 228 - 25 90 03 44 · info@hardthoehenkurier.de FÜR EIN STARKES EUROPA Aktuell – am Geschehen – Blick nach vorn 37. Jahrgang · 8,50 € ISSN 0933-3355 www.hardthoehenkurier.de Deutsch-österreichische Ausbildung im Gebirgskampf Ministerin und GenInsp zur Zukunft der Bundeswehr Bundeswehr impft in Alten- und Pflegeheimen MdB Nouripour fordert atomare Abrüstung GenLt Alfons Mais: „Das Heer kann Krise!“ MdB Strack-Zimmermann für neue Strukturen 37. Jahrgang · 8,50 € HHK Ausgabe 2/2021 ISSN 0933-3355 www.hardthoehenkurier.de FÜR EIN STARKES EUROPA Die sicherheitspolitische Bedeutung der Ostsee MdB Wadephul: Wie kann die Moderni- sierung gelingen? GenLt Knappe: Ulm als „Testbed“ für NATO und EU GenMaj Hannemann: EU Battlegroup ist perfekter Auftrag für die DSK FltlAdm Bock: Zur Rolle der Einsatzflottille 1 Korvette F 264 „Ludwigshafen am Rhein“ Der Hardthöhenkurier ist ein führendes, unverwechselbares und hoch informatives Fachmagazin, das sich mit aktueller Berichter- stattung aus der Bundeswehr, des BMVg und der Industrie an die Leserschaft der deutschsprachigen Länder in Europa wendet und sich als verlässliches Bindeglied zwischen der Bundeswehr, der wehrtechnischen Industrie und Wirtschaft versteht. Seit 1984 begleitet der Hardthöhenkurier die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr und hat sich zu einem von Experten der Verteidigungsindustrie sowie der sicherheitspolitischen Com- munity anerkannten Fachmagazin etabliert. Der Hardthöhenkurier ist unabhängig und erscheint sechsmal jährlich – plus Sonderausgaben – und informiert über Einsätze der Bundeswehr, aktuelle Beschaffungsvorhaben sowie Neuerungen in der Wehrtechnik und Rüstungsindustrie. Zuverlässigkeit, informative und aktuelle Berichterstattung und vertrauensvolle Zusammenarbeit sind unsere Markenzeichen.7HHK 3/2022 Gasteditorial Haben Sie schon einmal „Siri“ oder „Alexa“ gefragt, wie das Wetter wird? Wenn ja, dann haben Sie die Antwort mithilfe Künstlicher Intelligenz erhalten. Eine Technologie, von der heute alle reden. Doch KI ist nicht so neu, wie viele denken: Schon 1955 stellten US-Wissenschaftler einen Forschungs- antrag, in dem sie den Begriff „Künstliche Intelli- genz“ erstmals erwähnten. Heute ist KI reif für den Massenmarkt. Die Nut- zungsmöglichkeiten gehen jedoch weiter über Siri, Alexa und Co. hinaus. Einen großen Dienst kann KI etwa beim Einkleiden unserer Truppe leisten. Mithilfe eines KI-gestützten Kamerascans können die Soldatinnen und Soldaten zukünftig zeit- und ortsunabhängig selbst Maß nehmen. Der Einspar- effekt ist enorm: Für die 16.500 Rekrutinnen und Rekruten fallen jährlich rund 560.000 Stunden für die Ankleide an. Auch im All kann KI von großem Nutzen sein. Der- zeit erprobt das Weltraumlagezentrum der Bun- deswehr KI-gestützte Weltraumwettervorhersagen und Kollisionswarnungen. Damit können wir wert- volle Satelliten bei schlechtem Wetter schützen und vor Weltraumschrott warnen. Die Anwendungsbeispiele sind damit noch nicht er- schöpft. So arbeitet die BWI derzeit daran, mittels KI durch die Wände zu sehen. Ein ausgereiftes Sys- tem könnte bei der Suche nach Vermissten helfen. Oder die Spezialkräfte der Bundeswehr im Häuser- kampf unterstützen, um vor der Erstürmung eines Raums ein genaueres Lagebild zu erhalten. Wenn wir die KI aber bestmöglich einsetzen wol- len, müssen wir noch einige Hindernisse überwin- den. Die technischen sollten wir in den Griff krie- gen. Schwieriger sind schon die ethischen Fragen: Für welches Kollisionsziel etwa entscheidet sich ein selbstfahrendes Auto in einer Gefahrensituati- on, wenn ein Unfall unvermeidlich ist? Eine gesell- schaftliche Debatte über solche Fragen müssen wir führen, auch kontrovers. Die größte Herausforde- rung aber ist eine andere: unser Tempo. Wir müssen schneller werden, so wie die Technologieentwick- lung auch. Wir sollten nicht in Zyklen von 70 Jahren denken, sondern eher in Zyklen von sieben Mona- ten – und zwar von der Idee bis zur Nutzung in der Truppe. Wenn wir KI als Schlüsseltechnologie haben wollen, dann müssen wir jetzt loslegen. Gemeinsam, fokus- siert und zügig. Denn die Herausforderungen, in denen uns KI-gestützte Dienste eine Hilfe sind, wer- den vor dem Hintergrund der aktuellen Weltlage gewiss nicht weniger werden. Künstliche Intelligenz: Wir müssen den Turbolader zünden! Martin Kaloudis ist seit April 2019 Chief Executive Officer der BWI GmbH, dem IT-Systemhaus und Digitalisierungspartner der Bundeswehr. ©BWI Von Martin Kaloudis, CEO BWI GmbH8HHK 3/2022 Politik Der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Eberhard Zorn, der dazu auch direkt dem Bundes- kanzler vorgetragen hatte, unterstrich in einem In- terview, dass insbesondere die Digitalisierung der Streitkräfte vorangetrieben werden müsse. Bei der Führungsfähigkeit „sind wir deutlich hinter der Welle“. Dies erschwere die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern. Bei der persönlichen Aus- rüstung sollten nunmehr die Beschaffungszyklen deutlich verkürzt und die Masse in den nächsten zwei bis drei Jahren ausgeliefert werden können. „Das Sondervermögen darf nie allein betrachtet werden“, stellte Zorn heraus. Da langfristige Groß- projekte aus dem regulären Verteidigungshaushalt herausgenommen werden, sei Platz frei geworden im Einzelplan 14. Das Marschtriebwerk: der Einzelplan 14 Auch wenn die Entscheidung für das 100 Milliarden Paket wie der „Booster“ einer Rakete für die erste rasante Beschleunigung sorgt, so bleibt doch letzt- lich für die Wirkung im Ziel das Marschtriebwerk entscheidend. Und das ist die nachhaltige Erfüllung des Zwei-Prozent-Zieles. Im Jahr 2022 wird sich der Schub des Startes – außer bei Bekleidung und persönliche Ausrüstung – noch nicht spürbar auswirken. Die Masse der Haushalts- mittel wird erst in den kommenden fünf Jahren für Beschaffungen eingesetzt werden können und so zur Erfüllung des NATO-Zieles beitragen. Aber was ge- schieht in sieben oder zehn Jahren, wenn die Schub- kraft dieses Starttriebwerkes verpufft ist? Denken wir hier nur einmal an die steigenden Betriebsausga- ben, auch die Inflation muss eingerechnet werden. Dazu sagt das Gesetz, dass aus dem Bundeshaushalt weiterhin die finanziellen Mittel bereitzustellen sei- en, um „das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr und den deutschen Beitrag zu den dann jeweils gelten- den NATO-Fähigkeitszielen zu gewährleisten“. Der zweite Teil der Zusagen des Bundeskanzlers in seiner „Zeitenwende-Rede“ wird also den Lackmus- test bringen. Werden die Bundesregierung und ins- besondere der Deutsche Bundestag als „Herrscher über den Haushalt“ auch nach Verausgabung des Sondervermögens tatsächlich weiter umfänglich in die Streitkräfte investieren, auch wenn hoffentlich der Krieg in der Ukraine bald vorbei ist und dann vermutlich die Wirtschafts-, Sozial- und Klimapoli- tik wieder das politische Geschehen be- stimmen? Wir haben die Fraktionen des Deutschen Bundesta- ges gebeten, ihre Positionen zum Sondervermögen zu erläutern und bedanken uns im Namen unserer Leserinnen und Leser für die klaren Aussagen der Abgeordneten. (S. 9 - 11) Am Freitag, 3. Juni 2022, um 17:26 Uhr war es so weit: Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas MdB gab das Ergebnis der namentlichen Abstim- mung zum „Bundeswehrsondervermögensgesetz“ bekannt: 590 Ja- und 80 Neinstimmen bei sieben Enthaltungen. Damit zündete der „Booster“ für die Modernisierung der Bundeswehr. Die dringlichsten großen Rüstungsvorhaben können eingeleitet bzw. weiter finanziert werden. Der Wirtschaftsplan sieht militärische Beschaffungen in den vier Dimensionen Luft (40,9 Milliarden Euro), Führungsfähigkeit/Digitalisierung (20,7 Milliarden Euro), See (19,3 Milliarden Euro) und Land (16,6 Mil- liarden Euro) sowie für Bekleidung und persönliche Ausrüstung (1,9 Milliarden Euro) vor. Die Dimensi- onen dürfen nicht einfach mit den Teilstreitkräften und militärischen Organisationsbereichen gleichge- setzt werden. So profitiert das Heer beispielswei- se von Investitionen in die Digitalisierung oder die Marine vom Kauf weiterer Seefernaufklärer. Hinzu kommen Mittel für Forschung, Entwicklung und Künstliche Intelligenz (500 Millionen Euro). Den Wirtschaftsplan mit den 36 Einzelprojekten (vom ECR-Eurofighter und der F-35, der Nachrüstung Puma 1. Los bis hin zur F126 und U212CD) finden Sie unter dem QR-Code links. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hatte zuvor in der Debatte um die notwendige Grundge- setzänderung erklärt, die Bundeswehr sei über Jahr- zehnte vernachlässigt und heruntergewirtschaftet worden. „Es hat große Lücken, insbesondere in der Ausrüstung gerissen.“ Vereinfachungen im Vergaberecht und Ausnahmen von der europaweiten Ausschreibung seien beabsich- tigt, um die Beschaffungsprozesse zu beschleunigen. Politik Der „Booster“ ist gezündet Von Burghard Lindhorst Ministerin Christine Lambrecht hat entschieden, die Beschaffung von 60 CH-47F Chinook in der Konfiguration Block II Standard Range mit Luftbetankungsfähigkeit einzuleiten. ©Bw/Jana Neumann Wirtschaftsplan:9HHK 3/2022 Politik notwendig. Erste wichtige Schritte – wie die Verkürzung der Vergabeverfahrens – sind bereits in die Wege geleitet. Klar ist aber auch, dass für die Sicherheit Deutschlands, die Sicherheit unserer BürgerInnen, der Verteidigungsetat weiter ansteigen muss, auch wenn der Fonds mit dem Sondervermögen abgeschmolzen ist. Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Putins auf die Ukra- ine hat gezeigt, dass wir uns besser gegen Bedrohungen unserer Landes- und Bündnisgrenzen wappnen müssen. Unsere Partnerländer wie Finnland, Schweden und Däne- mark haben bereits Konsequenzen aus der geänderten Sicherheitslage gezogen und sich stärker an die militäri- schen Allianzen von NATO und EU gebunden. Auch die Bundeswehr muss sich anders aufstellen. Nach der langen Zeit über einseitige Ausrichtung auf die Aus - landseinsätze zur Friedensstabilisierung muss die Landes- und Bündnisverteidigung wieder in den Vordergrund rücken. Dafür sind unsere Streitkräfte auch durch jahre- langes Missmanagement eines unionsgeführten Verteidi- gungsministeriums nur unzureichend ausgestattet. Mit dem heute verabschiedeten Sondervermögen sind wir jetzt in der Lage, den gestiegenen Aufgaben der Landes- und Bündnisverteidigung durch den Krieg Putins besser zu begegnen. Die Einigung über das Sonderver- mögen ist nicht nur eine wirklich gute Nachricht für die Bundeswehr, sondern vor allem für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger. Mit dem 100-Milliarden-Sonder- fonds finanzieren wir notwendige Investitionen zur Aus- stattung unserer Streitkräfte über den regulären Haushalt hinaus. Damit können nun dringend überfällige Anschaf- fungen schnell auf den Weg gebracht werden. Wichti- ge Großprojekte, wie zum Beispiel die Beschaffung des schweren Transporthubschraubers, die F-35, gepanzerte Fahrzeuge, aber auch Boote und Schiffe. Uns ist wichtig, dass das viele Geld zu zeitnahen und sichtbaren Ergebnissen führt. Dafür ist eine umgehende Reform des Beschaffungs- und Vergabewesens zwingend Die Bundeswehr ist und bleibt der Garant für unsere Sicherheit und Freiheit in Europa. Mit dem Weg, den wir mit dem Sondervermögen gewählt haben, können wir nun zügige Investments in eine moderne Bundes- wehr sicherstellen. Dafür haben wir lange hart gekämpft – es hat sich gelohnt. Am 3. Juni 2022 haben wir im Deutschen Bundestag das Sondervermögen für die Bundeswehr beschlos- sen. Vorangegangen waren zähe Verhandlungen zwischen Vertretern der Ampel und der CDU/CSU. Das Ergebnis ist ein großer Erfolg für die Bundeswehr, denn wir konnten all unsere Kernforderungen durch- setzen. Die zwei Prozent sind ausdrücklich im Errichtungsge- setz verankert – dauerhaft und verlässlich. Dies stellt ein absolutes Novum dar und ist ein großer Verhand- lungserfolg der Union – damit gewährleisten wir, dass die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes nicht mehr der tagespolitischen Opportunität geopfert werden kann. Zudem wird durch das Abstellen auf NATO-Fä- higkeitsforderungen und Fähigkeitsprofil der Bundes- wehr bei der zukünftigen Finanzausstattung des Ein- zelplans 14 die Unabhängigkeit von konjunkturellen Schwankungen gewährleistet und die auskömmliche Finanzierung unserer Bundeswehr verlässlich gesetz- geberisch abgesichert werden. Dadurch ist die nachhaltige finanzielle Ausstattung der Bundeswehr gesichert und es gibt keine Abrisskante nach Verbrauch der 100 Milliarden Euro. Außerdem wurde die Zweckbindung für die Bundes- wehr verankert. Damit kann der unmittelbare Inves- titionsbedarf abgedeckt werden und wir stellen die Bundeswehr so auf, dass sie ihren Beitrag zu unser aller Sicherheit gewährleisten kann. Das Geld kommt also ausschließlich der Bundeswehr zugute. ©BT/Stella von Saldern ©Florian Hahn MdB Wolfgang Hellmich MdB Florian HahnNext >